Am 30. März 2025 fand eine Gedenkdemonstration für den Antifaschisten Ernst Kirchweger statt. Kirchweger war das erste Todesopfer rechtsextremer Gewalt in Österreich nach 1945. Er wurde vor 60 Jahren von einem Neonazi schwer verletzt und verstarb zwei Tage später, am 2. April 1965, im Krankenhaus. Im Zuge der Demonstration wurde auf Kontinuitäten rechter Gewalt hingewiesen und eine systematische, wissenschaftliche Aufarbeitung rechter Morde in Österreich nach 1945 gefordert, sowie eine gesellschaftliche Verantwortungsübernahme.
Zu Beginn waren vor der Rampe der Universität Wien Redebeiträge von unterschiedlichen Gruppen und Personen zu hören
Über das Leben und politische Wirken Ernst Kirchwegers erzählte Barbara Urbanic, sie ist Landessprecherin der KPÖ Wien, dessen Mitglied Kirchweger bis zu seiner Ermordung war. Sie sprach auch über Kirchwegers Arbeit im antifaschistischen Widerstand und stellte fest
„Im bürgerlichen Diskurs um Widerstand wird dieser oft als eine schwierige, individuelle Gewissensfrage dargestellt. Das steht aber im Widerspruch zu der Selbstverständlichkeit, mit der sich viele Genoss*innen an die gemeinsame illegale politische Arbeit gewagt haben. Für Ernst Kirchweger und die ganze Generation des Antifaschistischen Widerstands, die die KPÖ nach 45 geprägt hat, war der Widerstand gegen Austrofaschismus, Nationalsozialismus und alle rechten Umtriebe danach, konsequenter Teil eines politischen Selbstverständnis und einer solidarischen Lebenspraxis, die nicht 1938 spontan begonnen und 1945 abrupt geendet hat.“
Michi Genner von Asyl in Not erzählte von seinen Erinnerungen an die Zeit der Ermordung Kirchwegers und berichtete vom antifaschistischen Kampf der 1960er Jahre und erklärte, wie bedeutsam es für die österreichische Demokratie und die Menschenrechte war, dass die faschistischen Borodajkewycz-Anhänger von den Straßen vertrieben wurden. Er betonte die Wichtigkeit des selbstorganisierten, antifaschistischen Kampfes zu einer Zeit, in der so viele Stellen im Staat noch immer besetzt waren von alten Nazis. Er verwies auf Kontinuitäten faschistischer Gewalt und rief dazu auf, den antifaschistischen Kampf weiterzuführen.
Über die österreichische Tradition rechter Gewalt sprach auch die Initiative Antifaschistisches Gedenken, die in ihrem Redebeitrag den rechtsextremen Bombenterror der 1990er Jahre thematisierte und die Verharmlosung, Umdeutung und Entpolitisierung der Terrorserien durch die Österreichische Gesellschaft. Nachzuhören/lesen hier.
Im Anschluss daran sprach die Burgenlandromni Manuela Horvarth über das rechtsextreme Bombenattentat auf die vier Roma Peter Sarközy, Josef Simon, Karl und Erwin Horvarth und darüber, wie Polizei, Medien, Politik und Gesellschaft mit den Hinterbliebenen und der Volksgruppe in Oberwart umgingen. Manuela war 10 Jahre alt, als die vier Männer in Oberwart ermordet wurden, Karl und Erwin waren ihre Cousins.
„heute erinnern wir an die Opfer rechter Gewalt – ihre Stimmen wurden zum Schweigen gebracht. Und wir müssen uns eingestehen, dass wir auch heute mit rechter Gewalt konfrontiert werden und dieser und ihrer Ideologie entgegentreten müssen. Für eine gerechtere und respektvollere Gesellschaft, in der jeder Mensch gleichwertig ist.“
Der Demonstrationszug zog dann über den Ring zum Justizpalast, wo Dr. Winfried Garscher über die Umstände der überaus milden Verurteilung des Neonazis berichtete, der für den Tod von Ernst Kirchweger verantwortlich war. Er setzte den Prozess in den Kontext österreichischer juristischer Praxis der 60er Jahre: „Immer wenn es um nationalsozialistische Täter ging […], diese Verfahren sind entweder mit skandalösen Freisprüchen ausgegangen oder mit sehr geringen Freiheitsstrafen. […] später hat man dann überhaupt keine Prozesse mehr wegen NS-Verbrechen mehr geführt.“
Die Demonstration endete hinter der Oper, wo Ernst Kirchweger Ende März 1965 durch einen Faustschlag tödlich verletzt wurde. Dort sprach die Gruppe für Organisierten Antifaschismus (GFOA) über die aktuelle Welle rechter Gewalt und das Erstarken neonazistischer Gewalt in Wien.
Abschließend wurden Blumen auf den Stolperstein Ernst Kirchwegers gelegt und dem Ermordeten gedacht.