Entpolitisierter Terror – rechter Bombenterror in Österreich 1993-96

Mit den am 3. Dezember 1993 zugestellten Briefbomben begann eine Serie von Anschlägen, die sich über drei Jahre erstreckte, der sogenannte Briefbombenterror. Letztendlich wurde ein vermeintlicher Einzeltäter für den Terror verantwortlich gemacht. Umfeld und Netzwerk waren für die offiziellen Ermittlungen nur von geringem Interesse. So bleiben auch 30 Jahre später immer noch zahlreiche Leerstellen und offene Fragen.

Die Auswahl der Adressat*innen der Bomben, Institutionen und Personen aus unterschiedlichen Lebens- und Wirkungsbereichen, zeugt von der rechtsextremen Ideologie hinter dem Terror.

Pfarrer August Janisch gab vor dem Anschlag auf ihn ein Fernsehinterview, in dem er skandalisierte, dass der Bund Gelder für die Betreuung von Geflüchteten strich.

Silvana Meixner, Mitarbeiterin der ORF-Minderheitenredaktion, erhielt im Vorfeld Drohanrufe und sprach von einem Angriff auf die Demokratie.

Helmut Zilk, Bürgermeister von Wien, dem beide Hände verstümmelt wurden, erklärte in einer Pressekonferenz aus dem AKH: „Das ist feiger hinterhältiger Mord, hinter dem, meine Damen und Herren, System steckt!“

Gleichzeitig wurde im Krankenhaus eine weitere Verletzte behandelt, die Angestellte einer Anwaltskanzlei, die beim Islamischen Ausländer-Hilfsverein zugegen war.

Weitere Adressat*innen der ersten Briefbomben waren Lotte Ingrisch (Schriftstellerin), Johanna Dohnal (Frauenministerin), Wolfgang Gombocz (Artikel-VII-Kulturverein für Steiermark), Maria Loley (Sozialarbeiterin und Flüchtlingshelferin), Madeleine Petrovic und Terezija Stoisits (Die Grünen), Helmut Schülller (Präsident der Caritas) und die Arbeitsgemeinschaft für die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte.

Die Polizei versagte in der Aufklärung des Terrors, die FPÖ und Teile der Presse bemühten sich, diesen rassistisch umzudeuten. Die Regierung gab sich alle Mühe, die Taten zu entpolitisieren. Dies zeigt nicht zuletzt der Umgang mit dem Attentat auf die Oberwarter Roma. Es ist bezeichnend für die Arbeit der Polizei, dass sich Franz Fuchs schließlich selbst enttarnte. Politik, Staatsanwaltschaft und Justiz bemühten sich, den Fall rasch zu einem Abschluss zu bringen. Etliche Fragen – etwa zu Drohanrufen oder zu den Bekennerschreiben – bleiben dabei offen. Betroffene setzen sich dauerhaft und immer wieder erfolglos für eine Wiederaufnahme des Verfahrens ein. „Ich werde nie aufgeben. Franz Fuchs war kein Einzeltäter“, wiederholte Maria Loley noch vor zehn Jahren.

Die Aufarbeitung des rechten Bombenterrors von 1993-96 weist auch 30 Jahre später noch viele blinde Flecken auf. Deshalb wollen wir Wege des Erinnerns und der Verantwortungsübernahme finden.

Wir sind eine Initiative verschiedener antifaschistischer Gruppen und wollen kritisch auf die österreichische Erinnerungspolitik im Umgang mit dem rechten Terror von 1993-96 blicken. Wir wollen genau hinschauen, woran erinnert wird – und woran nicht.


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