Rechtsextremer Terror in den Neunzigerjahren in Österreich – War da was?

Zwischen 1993 und 1996 wurden in Österreich 25 Briefbomben von Rechtsterroristen versendet. Die Bomben richteten sich an Minderheitenangehörige, von Rassismus Betroffene und an Menschen, die sich für Geflüchtete einsetzen oder anderweitige Arbeit leisten, die gegen das rechtsextreme Weltbild der Mörder und ihrer Gessinungskameraden verstößt.​​​​​​​

In den Jahren 1994 und 1995 verübte die selbsternannte „Bajuwarische Befreiungsarmee (BBA)“ außerdem drei Rohrbombenanschläge:

Im Spätsommer 1994 wird eine fünf Kilo schwere Bombe vor einer kärntner-slowenischen Volkschule in Klagenfurt/Celovec entdeckt. In der Nacht von 4. auf 5. Februar 1995 werden die vier Roma Erwin und Karl Horvath, Peter Sarközi und Josef Simon im burgenländischen Oberwart mit einer Rohrbombe ermordet. Tags darauf wird ein Müllarbeiter im burgenland-kroatischen Stinatz durch eine baugleiche Bombe verletzt.

Erst im Oktober 1997 wird Franz F. bei einer zufälligen Polizeikontrolle als vermeintlicher Einzeltäter geschnappt. Die Behörden gehen also davon aus, dass er alleine gehandelt hat – bis heute gibt es erhebliche Zweifel an dieser These.

Unabhängig davon, ob F. die Bomben alleine versendet hat: Die Taten müssen im Kontext des politischen Klimas der 1980er und 1990er betrachtet werden. Denn die Bombenanschläge sind ohne die vorangegangene rassistische Hetze der FPÖ nicht denkbar. Ein großer Teil der österreichischen Medien und Öffentlichkeit deutete damals die Angriffe rassistisch um, die Polizei durchsuchte nach dem Mordanschlag von Oberwart etwa stundenlang die Wohnungen von Roma und Romnja – ein klassisches Beispiel für rassistische Täter-Opfer-Umkehr.

Der Terror der 1990er scheint den Österreicher*innen heute in weiter Ferne. Bis auf wenige Außnahmen kommen die 25 Briefbomben weder im Schulunterricht, der universitären Lehre, noch im sonstigen gesellschaftlichen Diskurs vor. Selbst der rassistische Mord in Oberwart ist kaum im kollektiven Gedächtnis verankert: Bei der jährlich stattfindenden Gedenkzeremonie beteiligen sich jedes Jahr nur eine handvoll Menschen.

Wir halten es für unerlässlich, die rechtsextreme Gewalt der Neunzigerjahre nicht zu vergessen, den Ermordeten zu gedenken und uns mit den Perspektiven der Menschen zu beschäftigen, denen der Terror gegolten hat.


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